Donnerstag, 31. Mai 2012

Die Liebesheirat

"Ich dachte mir", sagte Lady Ram Prasad, "wir könnten vielleicht ein paar Schlaglichter auf alle unsere wesentlichen Kulturepochen werfen. - Mohendschodaro und Harappa - [...] die Gupta-Periode - die Moghule, ja - die Moghulzeit - das wäre bezaubernd. Und dann die Jetztzeit - zum Beispiel der Fünfjahresplan [...]. Im letzten Jahr arrangierte das Damenkomitee für die Verbreitung höherer Bildung eine Reihe solcher lebender Bilder, und es war ein schöner - ein sehr schöner Erfolg. Ich weiß noch - wir bekamen einen Brief vom Minister für Wissenschaften und Künste, in dem er uns dazu gratulierte." [...]

Professor Hoch nahm die Hand von den Augen und sagte: "Ja - nun habe ich es. Unsere lebenden Bilder müssen die einfache Schönheit und Kraft unseres indischen Dorflebens zeigen. [...] Wir müssen - wir müssen unsere Frauen am Dorfbrunnen zeigen, die schlichte Anmut ihrer Bewegungen beim Wassertragen oder bei der Hausarbeit, ihre unbewußte Würde, den herrlichen Rhythmus ihres Gangs."

"Außerdem vielleicht noch", ließ sich Dr. Mukherdschi plötzlich vernehmen, "außerdem vielleicht noch unsere Landfrauen in den Wehen und die Straßenkehrerinnen, die mit einer Glasscherbe in der Hand dabeistehen, um die Nabelschnur zu durchtrennen."




Jhabvala, Ruth Prawer: "Die Liebesheirat", München 1990 (Stuttgart 1956), S. 36f.

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